Donnerstag, 27. Mai 2010

Arbeiten wie in Afrika

Heute war es mal wieder so ein typisch afrikanischer Tag. Um 9 Uhr hatten wir eine Sitzung anberaumt, in der 7 Diözesenvertreter mit einem Bauverantwortlichen sprechen sollten. Dieser reiste aus Muramvya an, um die Lage vor Ort und die entsprechenden Probleme zu schildern. Das Treffen verlief folgendermaßen: Ich schaltete um kurz nach 9 meinen Computer im Büro aus, um dann gegen 9.20 im Diözesan-Büro zu sein. Dort erfuhr ich gegen 9.40, dass der Verantwortliche erst gegen 10.30 kommen könnte. Ich nutzte die Zeit zur Beziehungspflege und bin noch bei anderen Kollegen vorbei, um da über Projekte zu reden. Es kam noch erschwerend dazu, dass ein Kollege dringend auf eine Beerdigung musste, die er auch geschafft hätte, wenn die Verspätung nicht gewesen wäre. Dieser verließ dann die Warterunde, das Problem war nur, dass er der Protokollant des Treffens war. Dann gegen 10.40 traf der Bauveranwortliche in Bujumbura ein - allerdings erreichte die Runde dann einem Anruf des Bischofs, der jemanden anderen aus den Besprechungsteilnehmern brauchte. Dieser war der Sitzungsleiter und verschwand gegen 10.50, um gegen 11.35 wieder zu kommen und festzustellen, dass niemand mehr da war, mit Ausnahme des Bauverantwortlichen. Ich war so schlau und hab mich ab 11 Uhr in mein Büro zurückgezogen und den Dingen ihren Lauf gelassen. Gegen 11.40h kam der Anruf: da es bald Mittag war, konnte man mit der Sitzung nicht anfangen, sie wurde auf 14 Uhr verschoben, was dem Bauverantwortlichen nicht passte, da er einen anderen Termin geplant hatte.
Als ich dann gegen 14.15h zum nächsten Besprechungstermin kam, waren einige da – bis auf den Protokollanten. Er musste noch was essen. Gegen 14.35h traf er dann ein, 14.45h konnte die Sitzung tatsächlich beginnen. Es war eine lange Diskussion, bei der es dann auch 2 Mitglieder des Gremiums nicht aushielten und einfach eingeschlafen sind – es war auch wirklich warm! Gegen 15.40h kam dann der Bischof in die Versammlung unerwartet dazu, informierte sich kurz und sagte, was es zu tun gibt. Um 15.45h wurde der Protokollant unruhig und deutete darauf hin, dass er noch einen anderen Termin hätte. Ab 16 Uhr, als wir fast schon eine Entscheidung hatten, wollte der Sitzungsleiter die Besprechung beenden, da er auch weg musste und somit wurde 16.02h ein nicht durchdachter Beschluss (wie auch?) zwischen Tür und Angel gemacht, 16.06h war der Spuk vorbei und ich hab mich gefragt, ob das alles wahr ist! This is Africa.

Montag, 24. Mai 2010

Wahlen zum Teil durchgeführt

Bis jetzt scheinen die Wahlen friedlich zu verlaufen. Es gab zwar einige Betrugsversuche und einige Verhaftungen von Parteifunktionären im ganzen Land. Manche Wahlbüros wurden erst spät aufgemacht, weil man es burundisch nahm (6Uhr Beginn, das heißt, dass man um 8Uhr Mal losgeht). Einige Wahlbeobachter sind wohl schon vor den Wahlen wieder heimgereist, weil sie nur eine Woche Zeit hatten und diese Woche am Sonntag vor den Wahlen zu Ende ging, der ja der Sonntag nach den Wahlen hätte sein sollen. Andere sind wohl zu spät zur Eröffnung gekommen.
Der wohl größere Skandal ist, dass es immer noch Wahlbüros im Land gibt, die nicht genug Wahlscheine haben. Wenn ich recht informiert bin, wurde ein UNO-Programm mit der Herstellung und Verteilung dieser Wahlscheine beauftragt. Das Budget dazu, so wurde mir heute aus Kreisen von EU Mitarbeitern erzählt, betrug wohl schlappe 45 Millionen Euro. Jedenfalls bedeudet das, dass eventuell morgen in manchen Provinzen nochmal oder erstmalig auch gewählt werden wird.
Und dann wurde die Verantwortliche Vertreterin von Human Rights Watch zum 5. Juni aus dem Land verwiesen, kurz nach dem letzte Woche ein kritischer Bericht über den Wahlkampf erschien, in dem unter anderem das Vorgehen der regierende Partei angeprangert wurde. Das sind Mal die Meinungen und Nachrichten, die man im Land hört.

Freitag, 21. Mai 2010

Überraschung: keine Wahlen

Heute Morgen sind wir aufgestanden im Wissen, dass Wahltag ist und dass somit in Burundi eine Art Feiertag ist. Gegen 8 Uhr erfahren wir dann: Wahlen verschoben! Gestern Nacht gegen 20 Uhr hatte der Präsident angeordnet und per Radio und TV verkünden lassen, dass die Wahlen auf Sonntag verschoben seien. Somit war heute kein Wahl- und Feiertag. Aber jeder handhabte das burundisch und somit nach Gutdünken und mache frei oder nicht. Die einen gingen zur Arbeit, die anderen nicht. Gegen 10 Uhr erfuhren wir dann: Wahlen verschoben von Sonntag auf Montag. Grund: die Kirchen hätten sich dafür eingesetzt, dass Pfingsten gefeiert wird und somit haben wir geplanterweise am Montag auch noch mal Feiertag. Für Arbeitgeber ist das eine schwierige Situation. Manche ihrer Mitarbeiter sind ins Landesinnere gefahren, um zu wählen und sitzen (oder arbeiten oder feiern) nun dort bis die Wahlen um sind. Somit belastet ein ungeplanter Arbeitsausfall von mindestens drei Tagen ihr Geschäft. Auch für den Wahlvorgang an sich ist diese Unsicherheit nicht gut. Schnell werden Betrugsgerüchte in Umlauf und politische Spielchen in Gang gesetzt. Mit unter anderem dem Vorwurf, dies könne der ein oder anderen Partei einen Vorteil verschaffen und sei mit Absicht herbeigeführt.
Gegen 14 Uhr hören wir im Radio den Grund für das Verschieben: Unregelmäßigkeiten und Engpässe bei der Verteilung der Wahlscheine – nicht in allen Wahlbüros seien gleich viel und genügend Stimmzettel vorhanden gewesen und für nicht alle Parteien wären genügend Wahlscheine bereitgestellt worden. Der Präsident der unabhängigen Wahlkommission erklärte, dass aber in den kommenden Tagen und Nächten einige Flugzeuge aus Südafrika kommen würden, die noch weitere Zettel brächten und die Lücke schließen würden. Ob die Wahlen am Montag stattfinden oder am Dienstag und wie viele Feiertage (oder auch nicht) uns noch dieser Wahlgang bescheren, werden wir sehen. Für die Burundier ist es wohl nichts Außergewöhnliches, denn auch der Präsident der unabhängigen Wahlkommission bestätigte, dass drei Tage Verschieben gar nicht so schlecht seien – es hat seiner Meinung nach schon Verschiebungen gegeben, die viel länger und unvorhersehbarer waren.

Mittwoch, 19. Mai 2010

Wahlen, Teil 2

Am 05. Mai begann der offizielle Wahlkampf in Burundi und am Freitag, 21.5. sind die ersten Wahlen – Kommunalwahlen. Danach werden die verschiedenen politischen Ebenen in diesem Jahr hintereinander neu gewählt und eventuell besetzt. Über den Präsident bis hin zum lokalen Hügelverantwortlichen kann das Volk abstimmen – die letzte Wahl ist Anfang September. 44 Parteien haben stellen sich zur Wahl und es gibt wohl über 20 Präsidentschaftskandidaten.
Bisher ist die Stimmung im Land friedlich. Man hat das Gefühl, dass die Menschen sich mit Politik auseinandersetzen, aber sowohl das Ergebnis, als auch der Verlauf der nächsten Monate ist noch nicht sicher. Manche rechnen mit dem Schlimmsten, andere glauben den nächsten Präsidenten schon zu kennen. Fakt ist, dass bisher laut Mundpropaganda 6 Menschen, die sich im Wahlkampf befanden, ermodert wurden und auch einige politische Verantwortliche einfach verschwunden sind. Weiteres Fakt ist, dass unglaublich viel Geld aus dem Ausland für diese Wahlen ins Land gepumpt wird. Die offiziellen, genauen Zahlen kenne ich nicht, EU, UNO und USA werden bestimmt aber auf mehre Millionen Dollar kommen (manch einer behauptet mehr als 100 Millionen Dollar), um die fälschungssicheren Wahlscheine oder die unabhängige Wahlkommission zu finanzieren.
Meiner Meinung nach ist es richtig, so viel Geld in diese Demokratie zu investieren, solange nicht alles verpufft – nach den Wahlen. Es sollte sicher gestellt werden, dass nach den Wahlen weiterhin Geld ins Land kommt, um zum Beispiel Abgeordnete und andere gewählte Vertreter des Volkes zu schulen. Viele haben keine Ahnung, was es in so einem Amt zu tun gibt und wie sie ihr Amt ausfüllen können. Sie müssen lernen, wie sie abhängig oder unabhängig von den Verpflichtungen, die sie ihren Familien, Freunden und anderen Interessensvertretern gegenüber haben, regieren können. Dies sollte dazu führen, dass die nächsten Wahlen dann unabhängig von Hilfe von außen durchgeführt werden können. Doch jetzt geht es am Freitag erst Mal zum ersten Wahlgang. Viele ausländische Mitarbeiter verlassen dazu Land und gehen zum Beispiel nach Kigali. Ob das eine bessere Alternative ist, wage ich zu bezweifeln. Laut Radio RFI sind dort vergangene Woche die ersten Granaten geflogen – mehrere Tote und über 20 Verletzte waren das traurige Ergebnis dieser Aktionen. Es waren Granaten anlässlich der Präsidentenwahlen am 6. August in Ruanda – also 3 Monate vorher schon gibt es dort Unruhen. Wie friedlich ist dagegen Burundi, wo es erst kurz vor den Wahlen „heiß“ wurde, wie die Menschen es hier nennen!

Donnerstag, 13. Mai 2010

Vatertagsausflug



Gestern hatte ich mit einem Freund eine Radtour gemacht. Als es dann gegen Mittag anfing zu regnen, mussten wir uns unterstellen und da kam ein an der Straße gelegenes „Restaurant“ wie gelegen. Wir hatten uns ein wenig Ziegen-Fleisch mit Bananen bestellt (Bild) und gerade als wir anfingen zu essen, wurde die nächste Portion Fleisch durch den Essenssaal gebracht (s. Bild). Allerdings lebend. Sich wehrend und mit viel Mäh brachen für dieses frische Fleisch die letzten Minuten an. Als wir fertig mit Essen waren, hing die Ziege dann auch schon zum Zerteilen bereit …
Trotz dieser unterschiedlichen Haltung gegenüber Küche und Lebensmittelverwendung, ließen wir uns den Appetit nicht nehmen und beendeten dann unsere Radtour.
Burundi ist übrigens ein phantastisches Land zum Radfahren (Mountainbike) und ich hoffe, dass wir nächstes Jahr, wenn die Wahlen friedlich waren, eine Radfreizeit über die Liebenzeller Mission hier anbieten können.

Montag, 10. Mai 2010

Wahlen


Zu den Wahlen in Burundi in den nächsten Tagen mehr. Hier nur ein kurzer Zwischenbericht aus unserem Programm, das wir als Peace House zusammen mit der Anglikanischen Kirche in Burundni und anderen größeren und kleinen Kirchen in den letzten Monaten machen, um die Wahlen vorzubereiten.
Letzte Woche waren wir im Norden des Landes, um zu schauen, wie die Pastoren die Ausbildung von Dezember in die Praxis umsetzen. Es war toll zu sehen, wie sie Feuer gefangen haben. Neben stundenlangen Fußmärschen und Überstunden haben sie persönlich viel gegeben, damit die Botschaft in die Gemeinden kommt. Die Botschaft war, dass Christen und Gläubige sich mit Politik auseinandersetzen können. Als Grundlage hierfür haben wir über die Rolle der Gläubigen in den Gesellschaft gesprochen und Bezug zu Zivil- und Wahlrecht in Burundi gesetzt. Klasse, dass sich die Pastoren so begeistern ließen und losgezogen sind. Wir konnten ihnen bei dieser Gelegenheit auch gleich noch ein kleines Büchlein mit den Inhalten der damaligen Ausbildung mitgeben, das in der Zwischenzeit ins Kirundi übersetzt wurde. Somit können sie nun weitere Gemeindeglieder ausbilden und diese anhalten, weitere Gläubige zu informieren. Wir hoffen durch dieses vom deutschen ifa (Institut für Auslandsbeziehungen) finanzierte Programm mehrere 100.000 Gemeindeglieder aus unterschiedlichsten Kirchen zu erreichen und somit zu einer friedlichen Wahl beizutragen. Ein Gemeindevorstand einer Mosche sagte: „Wenn früher einer ein T-Shirt von eine Partei trug, drohte man ihn zu exkommunizieren. Heute können die Leute in die Mosche kommen, mit T-Shirts unterschiedlicher Parteien, zusammen beten und dann sich über die Wahl unterhalten!“ Ein Pastor erzählte, dass er in den entferntesten Dörfern war und dort nach dem Gottesdienst die Christen versammelt hat und sie über die Wahlen und ihre Wahlrechte aufgeklärt hat. Es waren acht seiner 24 Gemeinden, die er besucht hatte. Zu den Versammlungen anschließend kamen jeweils zwischen 800 und 1000 Personen. „Das Geheimnis ist, dass ich verstanden habe, dass ich zuerst verändert sein muss und dann andere verändern kann. Das hat das Programm des Peace House bei mir geschafft – danke dafür“, sagte er im Anschluss.
Spannend war auch, dass eine mexikanische Wahlbeobachterin, die im Auftrag der EU im Norden war, bei unserem Programm dabei war und gesagt hat, dass sie schon viel erlebt hätte, aber noch nie, wie ein Programm so einen Effekt an der Basis hatte. Sie gratulierte uns dazu.
Wir werden hoffentlich in den nächsten Wochen noch weitere Programme durchführen können und somit dieses Büchlein in Kirundi weiter verbreiten können.

Mittwoch, 5. Mai 2010

Bügeln

Bügeln ist in Burundi wichtig. Es gibt eine Fliege, die ihre Eier in nasse Wäsche legt, wenn diese zum Trocknen aufgehängt wird. Die Larven dieser Fliege können, wenn sie nicht entdeckt werden, ganz schön fieses Kratzen auf der Haut provozieren. Damit man dem entgeht, wird die gesamt Wäsche, die draußen zum trocknen aufgehängt wird gebügelt. Dies ist der Job des Nachtwächters. Da er oft nachts nicht so viel zu tun hat, bügelt er und hört dabei Radio, die meisten schlafen auch irgendwann mal kürzer oder länger.
Letzte Woche wurde bei amerikanischen Missionaren eingebrochen. Und alles, was ums Haus lag wurde geklaut. Am nächsten Morgen, als die Familie den Schaden entdeckte, befragten sie den Nachtwächter, wieso er nichts gemacht hat. Seine Antwort war: „Ich habe gar nichts mitbekommen. Ich habe so stark gebügelt, dass ich nichts gehört habe!“ Das Komische ist nur, dass neben dem Radio des Nachtwächters auch sein Bügeleisen geklaut war. Wie das zustande kam, wusste er nicht zu beantworten. Ob er wohl geschlafen hat?