Samstag, 23. Januar 2010

Wie das Leben so spielt, Teil III

Ich habe ja geschrieben, dass wir uns gerade darüber Gedanken machen, wie man mit Polizisten umgeht, die einen, sagen wir mal, nicht vorteilhaft behandeln. In Burundi scheint es etwas zu sein, was öfter vorkommt und wohl ein offenes Geheimnis ist – Polizisten suchen durchaus ihren persönlichen Vorteil in der Ausübung ihres Amtes. Somit müssen nicht nur wir, sondern auch viele Einheimische sich diese Gedanken machen. Gestern haben wir einen kompletten Vormittag zusammen mit unserem Anwalt bei der Untersuchungsbehörde verbracht. Und unser Verdacht erhärtet sich: der Polizist will nicht lernen und zuhören und schon gar nicht einsehen, dass er seine rechtlichen Kompetenzen überschreitet. Nicht nur, dass es anstrengend ist, es kostet auch viel Zeit, sich mit so einem Verhalten (egal ob korrupt oder nicht) auseinanderzusetzen – zumal uns dieser Fall nichts angeht, da wir keine rechtlich Betroffenen sind, da wir alle uns betreffenden Vertragsangelegenheiten geregelt haben. Klar ist: das Auto ist in Sicherheit, klar ist: wir sind unschuldig und haben keinerlei Vergehen begangen, klar ist: Tatsachen werden verdreht und so dargestellt, dass es uns viel Zeit und Geld kostet, aus dieser Sache rauszukommen.
Wir haben jetzt die Möglichkeit, das burundisch zu lösen: den einzusetzen und anzuspitzen, der in der Hierarchie weiter oben sitzt, frei nach dem Motto: Ober sticht Unter. Dies ist aber damit verbunden, Beziehungen zu nutzen, die wir dann irgendwann auch wieder „bedenken“ müssen und damit muss dieser Schritt wohlüberlegt sein, denn wir selbst wollen keine korrupten Lösungen ansteuern. Eine andere, auch typisch burundische Lösung ist: einfach abzuwarten. Das wäre das Beste, hilft uns aber nur bedingt, da wir das Auto in der Zeit nicht nutzen sollten. Und die letzte Möglichkeit ist, den polizeilich gesuchten Zwischenhändler, bzw. seine Familie dazu zu bringen, in die Sache einzusteigen und Verantwortung zu übernehmen. Guter Rat ist wie immer teuer und in ein paar Tagen wissen wir mehr.

Mittwoch, 20. Januar 2010

Wie das Leben so spielt, Teil 2

Heute mussten wir eines unserer Dienstautos in Sicherheit bringen – die Gesetzeshüter unseres ostafrikanischen Landes wollten es nämlich auch in Sicherheit bringen. „Hä, was soll das?“ wird der aufmerksame Leser (in) sich denken: das Auto in Sicherheit bringen, damit es nicht in Sicherheit gebracht wird – hört sich paradox an. Ist es auch und zum Glück ist es nicht paranoid …
Was bisher geschah.
Wir hatten im Juli letzten Jahres im Namen der Mission ein gebrauchtes Auto (besser gesagt: einen Minibus) gekauft. Um diesen Kauf zu tätigen, haben wir den Mechaniker unseres Vertrauens gebeten, das Auto zu suchen, den Kauf abzuwickeln und die nötigen Behördengänge zu erledigen – kurz: wir haben das „Rundum- Paket“ gewählt, weil wir wussten, welch enormer Behördenkrieg bei so einer Aktion nötig sind. Seit Ende Juli haben wir dieses Auto gefahren. Nun ruft mich vor einer Woche jemand an, der bei den Gesetzeshütern in diesem Land arbeitet und bittet mich zu einem Verhör. Ich bitte ihn, mir eine Vorladung zu bringen, die dann am Montag um 15 Uhr kommt mit dem Terminvorschlag: Montag, 15 Uhr auf dem Gelände einer rechtsstaatwahrenden Institution. Um 16 Uhr haben mein einheimischer Kollege und ich dann das Büro gefunden und gegen 16.45 Uhr empfängt man uns dann auch. Anklage: „Besitz eines nicht bezahlten Autos“ oder eben geklaut. Im Verlauf des Verhörs werden mehrere Dinge deutlich: unser Zwischenhändler hat angeblich nicht bezahlt (was zu einem Teil wohl stimmt, von unserer Seite, wie kann es bei Missionaren anders sein, wurde alles pünktlich bezahlt), der Mensch in Uniform ergreift Partei für die andere Seite und es wurden Tatsachen verdreht zu Protokoll gegeben. Nach 2 Stunden Verhandlungen und vielen Telefonaten konnte ich die Behörde verlassen – mit dem Verdacht, in einem Banditenstück, in dem die Guten die Schlechten sind, der Protagonist zu sein. Solchen Rollen gegenüber bin ich ja prinzipiell nicht abgeneigt, aber in einem Land, wie dem unseren, birgt das so manche Gefahren. Toll war, dass mein einheimischer Kollege mich begleitet hatte: er kennt sich im hiesigen Rechtssystem ein wenig aus (umso erstaunlicher und mutiger, dass er dabei war – Hochachtung vor ihm, denn er kann in diese Mühle geraten und enorme Probleme bekommen) und hat viel für mich als eingetragenen Besitzer gekämpft. Mit dem Resultat, dass mich der Gesetzeshüter (kann man das so nennen oder besser: Gesetzesverdreher?) gestern anruft und meinen Kollegen der Lüge und bewussten Irreführung bezichtigt! Heute musste ich dann nochmals erscheinen und einige Beweisstücke wie Kaufvertrag und Geldtransferbestätigung (dank unserer deutschen Ordentlichkeit in unserem Buchführungssystem schnell zu finden) abliefern. Mein einheimischer Kollege wurde vom Gesetzesverdreher sofort aus dem Raum verwiesen, so dass ich mich mit meinem deutschen Kollegen alleine durchkämpfen musste. Unsere Kirche hatte uns aber mit einem Anwalt in Kontakt gebracht, der uns empfohlen hat, nichts auszusagen. Und so war dann ein Großteil unserer Antworten „Ohne unseren Anwalt machen wir keine Aussage“. Dies brachte den Verdreher dann gar nicht dazu, seine Ruhe zu verlieren, sondern uns irgendwann rauszuschmeißen. Allerdings haben wir dann erfahren, dass er seine Kompetenzen überschreiten will und auf alle Fälle, das Auto in Sicherheit bringen will (was dann mit unserem Bus passiert ist ungewiss, aber wir wissen: viele Autos verrotten auf dem Hof dieser Behörde, weil Rechtsfälle Jahre dauern oder verschwinden oder werden von Mitarbeitern dort zu Schrott gefahren oder verkauft etc.). Das hat uns nun dazu veranlasst, das Auto auch in Sicherheit zu bringen und irgendwo in der Hauptstadt unseres Landes unterzustellen. Wer es auf google earth findet, darf eine Probefahrt machen – aber Vorsicht: die Gesetzeshüter haben wohl eine Fahndungsmeldung rausgegeben – internationalen Führerschein und Schutzbrief der deutschen Botschaft nicht vergessen! Wie die Sache weitergeht? Keine Ahnung. Wir fahren jetzt erst mal mit anderen Autos, lassen Anrufe auf verschiedenen Verwaltungsebenen machen und statten in dieser Woche dem Verdreher noch einen Besuch ab – mit Anwalt. To be continued …

Sonntag, 17. Januar 2010

Super-Bass

Wer kennt sie nicht – die Typen, die mit monströsen Anlagen im Auto durch die Gegend fahren, so dass der Bass schon von Ferne das Lieblingslied aus dem eigenen Autoradio stört? Wer in Burundi Jugendarbeit macht, hat mit solchen Autos und Jugendlichen, die sie bei uns fahren, fast nicht zu tun. Was aber nicht heißt, dass solche Bässe in dem ostafrikanischen Land nicht existieren. Am Samstag war nämlich Weihnachtsfeier unseres BAHO Projekts und ich war diesmal derjenige, der die Hauptstadt Burundis mit Bässen versorgte. Die Ladefläche unseres Pick-up war an diesem Tag vollgepackt mit der Trommelgruppe unseres Projekts und die ließen es sich nicht nehmen, schon während der Fahrt zur Party die selbe zu beginnen und gleichzeitig Werbung für ihre bezahlten Auftritte zu machen. Also hatte ich die Superbässe im und auf dem Auto und beschallte damit die Strassen. Was mir nicht unangenehm war, denn unsere Gruppe präsentiert, im Gegensatz zu anderen Trommelgruppen, christliche Tänze und Gesänge – eine Seltenheit in Bujumbura und Umgebung.
Neben den Trommeleinlagen war eines der Highlights für unsere 200 BAHO Kinder der Ort, an dem gefeiert wurde – nämlich im einzigen Museum der Stadt. Dort gibt es in Gehegen einige Tiere zu sehen, wie Krokodile, Schimpansen und neuerdings auch einen Gepard. Für die meisten der Kinder war es das erste Mal, dass sie in diesem Museum waren. Schon dies war Erlebnis genug, dazu kamen dann die Beiträge, die die einzelnen Jugendgruppen auf dem Freigeländes des Museums präsentierten, gefolgt von einer kurzen biblischen Ansprache und Spielen. In vielen Gesichtern konnte man deutlich sehen, dass der Tag Spaß gemacht hatte, als die Kinder in den Bus stiegen, der sie nach Hause in die verschiedenen Stadtviertel brachte.
Für mich war die Rückfahrt, wie könnte es anders sein, ähnlich Aufsehen erregend wie die Hinfahrt. Viele der Passanten empfanden unsere Fahrt allerdings nicht als Störung, sondern fingen an zu tanzen oder mitzusingen. Toll, wenn Super Bässe so Anklang finden- und das nach einer gelungenen Feier für und mit unseren BAHO Kindern!
(Bild folgt noch - die Kameraverbindung klappt gerade nicht)

Donnerstag, 14. Januar 2010

Wie das Leben so spielt

Da sitzt man in Burundi und überlegt sich, was man zu Weihnachten Freunden schenken kann. Wenn dann die Entscheidung gefallen ist, kommt die fast genauso schwere Frage, nämlich, wie man auf möglichst sicherem Weg das Geschenk verschicken kann Um Freunde von uns in Schweden (Stefan ist Patenonkel einer ihrer Töchter) mit tollen Sachen aus Ostafrika zu beglücken, haben wir den Personenschutzweg gewählt. Bekannte Missionare von einer dänischen Mission, haben sich bereit erklärt, die Sachen zu ihrem Weihnachtsurlaub mit nach Dänemark zu nehmen und von dort über den Teich zu schicken. „Das ist sicher“ könnte man meinen und uns zu diesem logistischen Schachzug beglückwünschen. Aber, in Dänemark angekommen, freuen unsere Missionarskollegen sich so, dass sie sich abends eine DVD anschauen (im Ferienhaus von Freunden, gebaut im Jahr 1930!) und am nächsten Tag das Haus verlassen, um spazieren zu gehen. Der DVD Player löste aber einen Schwelbrand aus, der ausbrach als sie - Gott sei dank! - weit weg waren. Bei der Rückkehr war das Haus fast weg – und mit ihm die Geschenke für unsere Freunde in Schweden. Zum Glück gibt es Versicherungen, die es ihnen ermöglicht haben, dennoch eine einigermaßen erholsame Zeit zu verbringen, bevor sie sich wieder auf die Hitze Afrikas einlassen mussten. Unser Geschenk ist von der Versicherung nicht abgedeckt. Jetzt fragen wir uns, ob wir es wohl doch der burundischen Post anvertrauen müssen. Aber damit fängt alles wieder von vorn an: „was schenk ich bloß?“ (denn die anderen Sachen waren unwiederbringliche UNIKATE). Und dann die entscheidende Frage: lohnt sich eine Alternative zur Post und wenn ja welche?

Dienstag, 12. Januar 2010

Gastschreiber



Hier der erste Gastschreiber auf unserem blog, Sandra:
„Nun bin ich seit drei Wochen bei meinen Freunden, den Hoffmanns, zu Gast in Bujumbura und werde in wenigen Tagen mit einem Koffer voll Erlebnissen, Bildern und Eindrücken - und gewiss auch einigen erworbenen Sachen - nach Deutschland zurückfliegen.
Am Samstag morgen habe ich Stefan zu einer Weihnachtsfeier mit ca. 200 Kindern und Jugendlichen in die Berge nach Muramvya begleitet. Bin stark beeindruckt mit welcher Neugierde, Ruhe und Ausdauer die Kinder und Jugendlichen vier Stunden lang bei der „Sache“ waren. Es wurde mit viel Freude gesungen, geklatscht und getanzt, gemeinsam gespielt und sehr aufmerksam der Predigt gelauscht. Wenn ich da an meine Ferienprogramme denke, die ich dieses Jahr mit meinen Kollegen durchgeführt habe…
(Foto: Kinder bei einem Spiel)
Auf der Rückfahrt nach Bujumbura haben wir Obst und Gemüse auf „burundische Art“ eingekauft. An der Straße anhalten, Autofenster runterkurbeln und zahlreiche Gemüsekörbe werden in Sekundenschnelle ins Auto geschoben, - natürlich hat jeder Verkäufer die beste Ware. Dieses Einkaufen ist nichts für Anfänger, aber spannend auf der Rückbank dieses Spektakel zu verfolgen.
(Foto: drive-in-Einkauf auf der Strasse)
Burundi ist wirklich ein Land mit viele Facetten!“

Montag, 4. Januar 2010

Vize-Präsident, Bischöfe und Wahlen


Vom 28. bis 30. Dezember war ich im Landesinneren Burundis in Ngozi. Ein lebendiges Zentrum auf dem Hochplateau zwischen Ruanda und Tansania. Doch von den Landschaft und dem Ort selbst hab ich nicht viel mitbekommen. Ich war zusammen mit rund 20 Bischöfen aller möglichen Konfessionen und am letzten Tag mit 20 Vertretern von 20 politischen Parteien. Wie im blog schon angekündigt, hatten wir einen Workshop mit dem übersetzten holprigen Thema „Überlegungen zur Wahl- und Bürgererziehung der Mitglieder von Organisationen mit religiösem Interesse“. Eröffnet wurde der workshop vom ersten Vizepräsident Burundis, in Anwesenheit vom Minister für Gute Regierungsführung und dem katholischen Erzbischof – also jede Menge Prominenz, wie mir schon die Anwesenheit von ziemlich viel Militär und Polizei bei meiner Ankunft deutlich machte (ich kam mal wieder zu spät, später als der Vize-Präsident, was in der burundischen Kultur schwierig ist [ich dachte, wir sind in Afrika und da ist das kein Problem - wenn ich bedenke, wie viele Stunden ich schon gewartet habe …] und nur durch meine Funktion als Mit-Organisator wett gemacht wurde). Ihr merkt, es war Zeit, meinen Anzug anzuziehen! Dr. Yves Sahinguvu, der ertste Vize-Präsident, unterstrich dann auch in seiner Eröffnungsrede die Bedeutung des Workshops, in dem er sagte, dass jede gläubige Person den Wahlprozess 2010 begleiten müsse und er betonte noch die wichtige Rolle der verschiedenen Religionen beim Erfolg der Wahlen 2010. Nach der Eröffnung hatten wir 2 Tage Zeit, um mit den Bischöfen zusammen über die Rolle der Kirchen bei den Wahlen nachzudenken. Dazu erarbeiteten sie ein Papier, das am letzten Tag den Chefs politischen Parteien vorgelegt wurde und dann mit ihnen diskutiert wurde.
Jetzt kann man sich in Deutschland fragen, ist das nicht ein bisschen viel Aufwand für ein Empfehlungspapier? Berechtigte Frage. Wie immer ist in Afrika das Ergebnis nicht so wichtig, als eher die Beziehungen. Es gab dabei aber immerhin zwei beachtenswerte Premieren in Burundi:
erstens, dass Bischöfe und religiöse Würdenträger verschiedener Kirchen und Religionen (Muslime waren auch dabei) sich zusammengesetzt haben und über ihre Rolle bei den Wahlen nachgedacht haben – als Hintergrundinfo: in Burundi sind rund 80% der Bevölkerung Mitglieder in verschiedensten christlichen Kirchen und Strömungen. Also kommt den Gläubigen eine große Rolle dieses Jahr bei den Wahlen zu.
Zweitens: es war das erste Mal, dass verschiedene Kirchevertreter und Vertreter von verschiedenen Parteien sich über dieses Thema ausgetauscht und verständigt haben. Wenn auch nicht äußerst kontrovers wie das in Deutschland der Fall wäre, aber wir haben da immerhin auch eine längere Geschichte, was demokratische und unblutige Wahlen anbelangt.
Viele Teilnehmer waren sehr angetan von dem workshop und dem Beginn des Austausches auch auf dieser Ebene. Allerdings hat der Vertreter des deutschen Botschafters (er war anwesend, weil diese Veranstaltung vom Auswärtigen Amt finanziert wurde) bei seiner Abschlussansprache die richtigen Worte gefunden: „Ich habe viele schöne Worte gehört. Es kommt jetzt darauf an, was davon in die Tat umgesetzt wird!“